01.04.2020 von Maike Conrads

Bei neuland arbeiten wir in vielen Teams schon lange mit Remote-Meetings. Unsere Tipps für eine gute Remote-Moderation habe ich hier zusammengestellt.

Im Blog-Artikel meiner Kollegin Lena Zamzow gibt es grundsätzliche Tipps für eure Remote Meetings. In meinem Artikel geht es konkret darum, wie du in der Rolle des Moderierenden mit der Remote-Situation umgehen kannst. Ich moderiere verschiedene Meetings remote: aus dem Scrum-Prozess das Daily, Retrospektiven, Plannings und das Refinement, aber auch interne Meetings von Gilden. Meine Tipps beziehen sich vor allem auf Meetings bis zu 20 Personen. Für Meetings mit einem sehr großen Teilnehmendenkreis funktionieren diese sicher auch, aber es gibt einige andere Sachen zu berücksichtigen. Viele der Tipps sind sicher nicht neu für dich - doch da Remote-Meetings anstrengender sind als analoge Meetings, ist eine gute Vorbereitung und fokussierte Moderation noch wichtiger.

Vor dem Meeting

Agenda planen

Die Agendaplanung unterscheidet sich nicht groß vom analogen Prozess. Das Ziel des Meetings muss klar sein und sich in der Einladung in einem kurzen, prägnanten Satz wiederfinden. Berücksichtigen musst du die Remote-Situation bei der Auswahl der Methoden und Werkzeuge. Für viele Methoden aus dem analogen Meeting gibt es digitale Tools, aber nicht alle Werkzeuge lassen sich remote gut einsetzen. Auf der anderen Seite gibt es viele Übungen, z.B. für Check-In oder Check-Out, die du auch remote gut einsetzen kannst. Oftmals reichen dafür Zettel und Stift bei allen Teilnehmenden. So sind Energizer wie "Happiness Diagramm", "One Word/ One Face" oder "Zeichne deinen Superhelden" einfach möglich, indem nach der Timebox alle der Reihe nach ihren Zettel in die Kamera halten.

Wenn ihr einem Meeting in der Konstellation nicht oft oder gar zum ersten Mal zusammenkommt, plane 5-10 Minuten Check-In für einen allgemeinen Austausch ein.

Pausen einplanen

Für den Zeitplan solltest du berücksichtigen, dass es ausreichend Pausen geben muss. Mindestens eine Pause pro Stunde solltest du fest einbauen. Hilfreich ist es, die Agenda dafür in kurze Zeitblöcke z.B. à 10 Minuten zu zerlegen. Damit hast du besser vor Augen, wieviel Zeit ein Agendapunkt in Anspruch nimmt, als wenn du lediglich einen Punkt notierst, sich dahinter aber 90 Minuten verbergen. Meiner Erfahrung nach sollte man mindestens 10 Minuten Pause einplanen. Bei fünf Minuten passiert es häufig, dass nicht alle rechtzeitig zurück sind und im Endeffekt die Pause doch 10 Minuten dauert.

Tools kennenlernen

Bei allen Tools, die du einsetzt, solltest du die Basis-Funktionen kennen und dich vorab mit dem Tool vertraut machen. Wichtig für die Einladung ist, ob die anderen Teilnehmenden einen eigenen Zugang benötigen und für die Nutzung etwas installiert werden muss. Am besten, du kennst die Tools so gut, dass du den Teilnehmenden Tipps geben kannst. Alles, was du im Meeting brauchst, wie z.B. ein Whiteboard, kannst du vorbereitend anlegen.

Teilnehmende einladen

Als Vorbereitung für die Teilnehmenden verschickst du, wie auch in analogen Meetings, vorab die Agenda mit den Timeboxen. Zudem gehören alle benötigten Infos zu den genutzten Tools in die Einladung: Links, Zugänge, der Hinweis auf einen nötigen eigenen Account und der Link zur Installation. Hilfreich ist auch weiteres Material, welches für den Termin benötigt wird (z.B. Zettel und Stift, Ausdrucke oder andere Materialien).

Außerdem sind ein paar Tipps zur Handhabung nützlich, bei Video-Tools zum Beispiel

  • wie ist der Shortcut zum Muten
  • wie gebe ich meinen Bildschirm frei
  • kann ich eine Galerieansicht einstellen, und wenn ja, wo

Bitte alle Teilnehmenden, bereits ein paar Minuten vorab in das Meeting zu kommen, damit es zur geplanten Uhrzeit losgehen kann.

Wenn du weißt, dass das Tool für einige aus dem Teilnehmendenkreis neu ist, biete frühzeitig ein Test-Meeting an, am besten am Vortag oder früher. Denn um Probleme mit dem Headset, der Kamera oder der Internetverbindung zu lösen, sind ein paar Minuten vor dem eigentlichen Meeting nicht ausreichend.

Vorbereitungen treffen

Alles, was du brauchst, solltest du am Platz bereitstellen: Getränke, Kopfhörer oder Headset, Handy fürs Timen, Zettel und Stift. Ich drucke mir gerne die Agenda aus. So kann ich die Punkte direkt abhaken, mir Notizen für To Dos machen und muss, falls ich meinen Bildschirm teile, nicht zwischen verschiedenen Fenstern hin- und herwechseln. Außerdem schreibe ich mir auf einen eigenen Zettel, wer alles an dem Meeting teilnimmt. Warum, das siehst du weiter unten. ;-)

Melde dich schon in allen benötigen Tools an und öffne alle relevanten Dokumente und Tabs im Browser. Gleichzeitig kannst du prüfen, welche Programme du offen hast und alles nicht Notwendige schließen. Das ist aus mehreren Gründen sinnvoll:

  • Vermeidung von Ablenkung: Wenn du deinen Bildschirm teilst, lenken Meldungen aus deinen Chat- und Mail-Programmen nicht nur die Teilnehmenden, sondern auch dich selbst ab und stören deinen Fokus auf die Moderation
  • Professionelle Moderation: Wildes Hin- und Herwechseln zwischen 20 geöffneten Bildschirmfenstern oder Browser-Tabs, um die passende Ansicht zu finden, nervt alle und lässt die Moderation unvorbereitet wirken
  • Privatsphäre: Geöffnete Dokumente, Lesezeichen und Tabs im Browser und Chat-Nachrichten können mehr Informationen preisgeben als du vielleicht möchtest

Da einige Video-Tools sehr viel Strom verbrauchen, sollten deine Akkus von Notebook und Handy ausreichend geladen sein oder ein Ladekabel parat liegen. Mindestens fünf Minuten vor Start des Meetings solltest du den Raum aufmachen und startklar für die Begrüßung der Teilnehmenden sein.

Zum Start des Meetings

Willkommen und Technik-Check

Wichtig ist es, vor dem Start des eigentlichen Meetings zu prüfen, ob sich alle gut hören und sehen können. Daher gibt es zum Start mit allen Teilnehmenden einen Technik-Check. Verbinden kannst du das gut mit einem Check-In wie "Wie geht's dir?" oder "Wie läuft es bei dir?". Wenn jede aus der Runde zum Start schon etwas gesagt hat, ist das außerdem hilfreich für die weitere Beteiligung am Meeting. Spreche Störungen wie Rauschen, Rückhall oder Zeitversatz direkt an.

Grundsätzliche Remote-Regeln

Einige Basics für Teilnehmende findest du in Lenas Artikel. Grundsätzlich gelten aber

  • Kamera an (Ausnahme: Die Internetverbindung lässt das nicht zu)
  • Mikrofon muten, wenn du nicht sprichst
  • keine Monologe halten
  • andere ausreden lassen

Bitte alle Teilnehmenden, ihren Fokus auf das Meeting zu legen und Chat- und Mail-Programme für die Zeit zu schließen oder stumm zu stellen. Das ist vor allem bei Retrospektiven sehr wichtig. Im Gegensatz zum analogen Meeting kannst du als Moderierende nicht direkt sehen, wenn jemand von außen abgelenkt wird. Hast du den Eindruck, dass jemand mit seinem Fokus gerade woanders ist, sprich das direkt an und frage z.B., ob eine Pause gebraucht wird.

Kommunikationsregeln vereinbaren

Bevor es richtig losgeht, steht das Vereinbaren von Kommunikationsregeln an. Für dich als Moderierende ist wichtig, dass du schnelles Feedback zu Fragen und Entscheidungen bekommst.

  • Wenn alle ihre Kamera an haben, könnt ihr für Ja oder Nein Feedback einfach Daumen hoch / Daumen runter verwenden.
  • Bei einigen Video-Tools, wie z.B. Whereby, können Emojis gesendet werden, die alle sehen können
  • Die Wahl zwischen mehreren Vorschlägen kann auch per Handzeichen erfolgen: Ein Finger für Vorschlag 1, zwei für Option 2, ...

Bei der Nutzung von Gesten musst du bedenken, dass bei der Ansicht von vielen Video-Monitoren ein kurzes, leichtes Kopfschütteln oder Nicken untergehen kann. Wenn ihr euch auf das Nutzen von Gesten einigt, weise am besten darauf hin, dass Gesten sehr deutlich und sichtbar sein müssen.

Hilfreich sind Karten zum Ausdrucken wie die Online-Meeting Karten von Andrea Reil. Als Digital-Version findest du ein ähnliches Set von See Think Do, die von allen Teilnehmenden per Handy in die Kamera gehalten werden können.

Besprecht auch, ob ihr den Chat nutzen wollt und alle diesen im Blick haben. Den Chat kannst du gut zur Moderation nutzen, z.B. um einen Teilnehmenden mit “Bitte komme zum Ende” auf den Abschluss des Beitrages hinzuweisen. Aber auch zur Fragensammlung oder für die Info von Teilnehmenden, wenn sie das Meeting früher verlassen müssen, eignet sich der Chat, so dass der Redefluss nicht unterbrochen wird.

Moderation des Meetings

Kurz und deutlich moderieren

Bei Remote Meetings heißt es noch mehr als bei analogen Treffen: Moderiere deutlich und kurz. Beschreibe klar, was als Nächstes passiert, und vor allem, stelle keine unnötigen Oder-Fragen zum weiteren Vorgehen. Gilt es, zwischen zwei Sachen zu entscheiden, lege als Moderierende eine Präferenz fest. Die Energie bei Remote-Meetings ist begrenzt, daher sollte sie lieber für wichtige Entscheidungen und Beiträge genutzt werden.

Anstatt "Wollen wir jetzt eine Pause machen oder direkt weitermachen?" besser moderieren "Wir machen jetzt zehn Minuten Pause und um viertel vor geht es weiter."

Offene Fragen in den Raum können remote dazu führen, dass entweder

  • niemand etwas sagt
  • mehrere auf einmal sprechen
  • eine Person ihre Meinung sagt und danach niemand mehr etwas sagen möchte
  • die erste Antwort ein neues Thema einleitet und darüber ein Gespräch beginnt

Wenn du offene Fragen verwendest, überlege dir daher, wie die Beantwortung erfolgen soll. Binde die Teilnehmenden mit ein, sprich dabei nicht in den Raum, sondern die Personen direkt an.
Du kannst das aktiv moderieren, z.B. nach der Monitor-Reihenfolge in deiner Ansicht oder alphabetisch nach Vorname. Alternativ kannst du einen Teilnehmenden den jeweils nächsten nominieren lassen. Hier solltest du selbst einen Überblick behalten, wer schon an der Reihe war, so dass du bei den letzten Nominierungen unterstützen kannst. Dafür kann der bereitgelegte Notizzettel mit allen Namen hilfreich sein.
Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, vor der Runde eine kurze Timebox von 2-5 Minuten (je nach Fragestellung) zu geben, in der sich alle in Ruhe Gedanken machen können.

Präsent sein

Auch in Remote-Situationen gibt es gute Diskussionen und einen regen Gesprächsfluss, so dass deine aktive Moderation nicht unbedingt erforderlich ist. Aber bleibe auch im Hintergrund immer präsent. Dafür ist zum einen Aufmerksamkeit in Körperhaltung und Blick wichtig. Zum anderen solltest du immer fokussiert sein - geht es noch um das eigentliche Ziel des Meetings? Sind die Beiträge weiter konstruktiv oder wird bereits Gesagtes wiederholt? Als Moderierende hast du das Recht und auch die Verantwortung, Beiträge zu unterbrechen, um nachzufragen, ob die aktuelle Diskussion zielführend ist. Du kannst auch gut mit aktivem Zuhören arbeiten und so das Gesagte nochmal für alle zusammenfassen und sicherstellen, dass alle den gleichen Stand haben.

Timeboxen einhalten

Zum Timeboxing hast du dir bei der Vorbereitung Gedanken gemacht. Jetzt heißt es, dieses einzuhalten. Zwar hat man auf einem oder sogar zwei Monitoren eine kleine Uhr in der Ecke, aber ausreichend präsent für ein konsequentes Timeboxing ist das meistens nicht. Du kannst parallel einen Timer auf dem Handy laufen lassen und viele Tools haben auch einen eingebauten Timer, der direkt für alle sichtbar ist.

Falls du während des Meetings merkst, dass ihr die Timeboxen nicht einhalten könnt, kommuniziere das direkt und besprecht, wie ihr weiter verfahren wollt. Das Überziehen von Meetings solltest du in der Remote-Situation noch mehr vermeiden als in der analogen Welt.

Pausen machen

Die Pausen sollten nicht zum Weiterarbeiten genutzt werden, sondern wirkliche Bildschirmpausen sein, um aufzustehen und die Augen zu entspannen. Ein konkreter Hinweis, dass es jetzt nicht darum geht, liegengebliebene Mails und Chat-Nachrichten schnell zu beantworten, schadet nicht. Hier kannst du auch gut eine Pausen-Challenge einbauen ("Bringe eine Kopfbedeckung mit" oder "Mache draußen ein Foto"), damit der Arbeitsplatz auch wirklich verlasen wird. Die Aussage, zu welcher Zeit genau ihr das Meeting wieder aufnehmt, kannst du mit dem Teilen eines Digitalen Timers unterstützen. So ist für alle sichtbar, wann es weitergeht.

Arbeit in Kleingruppen

Auch bei Remote-Meetings ist das Arbeiten in Kleingruppen gut möglich. Es gibt Tools wie Zoom, die eine Funktion integriert haben, alle Teilnehmenden manuell oder automatisch auf sogenannte Breakout-Rooms zu verteilen. Aber auch ohne Zoom kannst du Gruppenarbeit einbauen, indem du die Gruppe auf verschiedene Video-Räume aufteilst. Ein gutes kostenfreies Tool dafür ist Jitsi oder Whereby (bis zu 4 Personen). Bei beiden ist über den Browser und ohne Anmeldung das Erstellen eines Video-Raums möglich. Wichtig ist hier:

  • formuliere die konkrete Aufgabenstellung für die Kleingruppen und wie das Ergebnis präsentiert werden soll
  • kläre, auf welchem Weg du für Rückfragen erreichbar bist: Chat oder schaue in den Räumen bei Bedarf vorbei (hier musst du ggf. die Größen-Begrenzung beachten)
  • nenne eine konkrete Timebox und lege fest, wer aus der Arbeitsgruppe für das Einhalten verantwortlich ist

Zu zweit moderieren

Auch Remote kannst du dir die Moderation teilen. Wie bei analogen Meetings macht das vor allem Sinn, wenn

  • die Gruppen sehr groß sind
  • die Inhalte eher unstrukturiert sind
  • nebenbei dokumentiert werden soll und Maßnahmen mitgeschrieben werden sollen.

Alle Tipps findest als Checkliste zusammengefasst hier: checkliste_remote_moderation.pdf Wenn du oder deine Kolleginnen auf der Suche nach Unterstützung bei der Moderation seid, dann schickt mir gerne eine E-Mail.
Wir lernen bei der Remote-Moderation stetig dazu, daher werde ich den Artikel von Zeit zu Zeit aktualisieren.

Die Autorin

Maike Conrads
Seit 2014 arbeite ich in verschiedenen Rollen bei neuland. Mich bewegen vor allem die Themen Selbstorganisation, Moderation, Agiles Arbeiten und Visualisierung.