22.06.2022 von Anita Schüttler

Für den Erfolg zirkulärer Geschäftsmodelle ist das Design der Produkte elementar wichtig - und genau darum soll es diesmal gehen:

Teil 4: Welche Rolle spielt Design in der Circular Economy?

Vorab ein Disclaimer:

Circular Design ist ein riesiges Themengebiet, das ich in der Kürze eines Blogartikels nicht annähernd abdecken kann. Ich gebe deshalb nur eine Einführung und verweise am Ende gerne weiter an andere Stellen, die das Thema ausführlicher behandeln - inklusive eines Circular Design Guide!

Der letzte Artikel war eine Einführung in unterschiedliche zirkuläre Geschäftsmodelle - allen Beispielen war gemein, dass das Unternehmen Eigentümer seiner Produkte bleibt (bzw. sie zurückkauft). Das hat den enormen Vorteil, dass es das ureigene Interesse des Unternehmens ist, dafür zu sorgen, dass die Produkte sehr langlebig sind, gut repariert oder wiederaufbereitet werden können und mit den enthaltenen Ressourcen möglichst effizient umgegangen wird, weil all das auf lange Sicht die Kosten des Unternehmens senkt und den Gewinn steigert. Erreicht werden kann das, indem bereits in der Entwurfsphase der gesamte Lebenszyklus des Produkts mitbedacht wird.

Design in der Circular Economy folgt dabei 3 Prinzipien:

1. Design out waste!

Das Design soll also sicherstellen, dass durch das Produkt kein Müll entsteht - weder bei seiner Herstellung, noch bei der Nutzung, noch am Ende seines Lebens.

Um das zu erreichen, sollten z.B. Materialien benutzt werden, die frei von Giftstoffen sind und komplett recycelt werden können - bei denen also keine organischen und "technischen" Rohstoffe so vermischt wurden, dass sie später nicht mehr getrennt werden können (siehe Teil 1 dieser Serie). Das bedeutet auch, dass alles, was potenziell am Lebensende in der Umwelt landen und nicht dem Recycling zugeführt wird, ein biologischer Nährstoff sein sollte, der sich rückstandslos in biologische Kreisläufe einfügt (Stichwort: Reifenabrieb...).

"Abfall", der während der Produktion entsteht, sollte alternativen Verwendungszwecken zugeführt werden. Manches Abfall-Problem kann auch durch schlaue Ideen und Innovationen vermieden werden. Oft lohnt sich dafür ein Blick in die Startup-Szene, um für alle Seiten gewinnbringende Kollaborationsmöglichkeiten zu finden.

2. Halte Produkte in ihrer wertvollsten Form und so lange wie möglich in Umlauf!

Um das zu erreichen, sollten Produkte aus langlebigen Materialen hergestellt und so designt sein, dass sie leicht zu reparieren sind, gut wiederaufbereitet werden können, sie gut für die Weitergabe an Dritte geeignet sind und man ihre Materialien am Lebensende leicht recyceln kann. Es geht auch um "emotionale Langlebigkeit", also darum, etwas so Schönes, Wertiges herzustellen, dass man es gerne lange behält und wertschätzt, jenseits von Trends und Modeerscheinungen und trotz natürlicher Alterungsmerkmale.

3. Regeneriere natürliche Systeme!

Dieser Punkt ist vielleicht besonders überraschend, da er dem Denken, das einer linearen Produktion zugrunde liegt, völlig widerspricht. Um zu verdeutlichen, was ich damit meine, schauen wir uns folgendes Diagramm an, angelehnt an Bill Reeds "Trajectory of Ecological Design":

Die Aussage ist: konventionelle Geschäftsmodelle entziehen der Umwelt Energie und Materialien, weit über den Punkt hinaus, der zukünftiges Leben auf diesem Planeten sicherstellen kann. Modelle, die gerne als "grün" bezeichnet werden, sind immer noch gerade mal "weniger schlimm". Selbst "nachhaltige" Produktion - ein Etikett, was heute in aller Munde ist und mit dem sich so manches Unternehmen gerne schmückt - kann gerade mal den Status Quo sichern, indem der Umwelt in einem bestimmten Zeitraum nur das an Energie und Materialien entzogen wird, was sie im gleichen Zeitraum nachproduzieren kann.

Unser bisheriges Wirtschaften hat aber schon zu einem massiven Verlust an Biodiversität, Bodenqualität, natürlichen Ressourcen und ganz allgemein gesunder Umwelt geführt und den Klimawandel immer weiter angeheizt. Um die Voraussetzungen für den Erhalt von zukünftigem Leben auf diesem Planeten zu schaffen, ist es deshalb unumgänglich, den Schaden, der bisher angerichtet wurde, sukzessive zu reduzieren, indem man die Ökosysteme, die uns alle versorgen, regeneriert.

Das kann z.B. beinhalten, als Nahrungsmittel-Produzent Projekte zur Verbesserung der Bodenqualität durchzuführen, oder in Produkten Materialien zu verwenden, die nach der Nutzung sicher wieder dem natürlichen Kreislauf zugeführt werden können und diesen nähren. Das sind Beispiele für positive Nebeneffekte der Produktion; es gibt aber auch Unternehmen, deren Hauptziel darin besteht, natürliche Ökosysteme zu regenerieren.

Sowohl Ursache, als auch Lösung des Problems

Design ist der Ausgangspunkt von allem, was uns umgibt: jedem Ding und auch der Art, wie wir mit ihm interagieren, und jedem System, das von Menschen geschaffen wurde, liegt eine Design-Entscheidung zugrunde. Design prägte die linearen, extraktiven Geschäftsmodelle, die sich darum herum gebildet haben.

Design hat auch die Macht, Geschäftsmodelle zu verändern und so unsere Zukunft auf diesem Planeten zu sichern!

Ein letztes Beispiel möchte ich noch vorstellen, weil es musterhaft zeigt, wie wichtig es ist, beim Design nicht an einzelnen Stellschrauben zu drehen, sondern auf Systemebene anzusetzen, um ein erfolgreiches zirkuläres Geschäftsmodell zu erschaffen: den walisischen Autohersteller Riversimple.
Diese Firma startete mit nichts weiter als dem Plan, Elektroautos mit Wasserstoffzellen-Antrieb zu bauen, und einem Manifest für nachhaltiges Design, dessen Ziel in der "systematischen Beseitigung der Umweltauswirkungen des Individualverkehrs" besteht. Neben der Technologie ("Jeder Aspekt unserer Technologie wird kontinuierlich auf Einfachheit, Effizienz, Leichtigkeit, Stärke, Erschwinglichkeit, Sicherheit und Nachhaltigkeit geprüft.") sind vor allem das Geschäftsmodell und die Unternehmensstruktur mit ihrem Stakeholder-Ansatz wegweisend.

Weiterführende Links und Ausblick

Wie eingangs versprochen, gibt es hier noch ein paar Einstiegspunkte zum Schmökern:

So langsam nähert sich meine kleine Blogartikel-Serie ihrem Ende. Einen weiteren Artikel wird es aber noch geben, in dem ich mich der Rolle von Partnerschaften widmen werde.

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Die Autorin

Anita Schüttler
ist seit 2010 bei neuland, Software-Entwicklerin mit Expertise in Green IT, Nachhaltigkeit und Circular Economy, und Gründerin von neulands Nachhaltigkeits-Team.